4 min 27. Sep 2023 Freizeit

Freiwilliger Tourenleiter beim SAC

Robert Fluder leitet als 73-jähriger Freiwilliger Hochgebirgstouren beim Schweizerischen Alpenclub (SAC). Sein faszinierender Bericht zeigt, was auch im Alter noch möglich ist.

Von Robert Fluder

Aufbruch zur Tour
Donnerstag, früher morgen Anfangs Juli. Wir, sechs Mitglieder der SAC Sektion Manegg, stehen kurz nach sechs Uhr vor der Mönchsjochhütte auf 3650m. Die Morgendämmerung so hoch in den Bergen ist ein ganz besonderes Erlebnis! Diese Höhe kann aber auch zur Herausforderung werden: Kurz nach Abmarsch muss eine Teilnehmerin wegen Kopfweh und Höhenbeschwerden die Tour abbrechen. Ein späteres Aussteigen in der Gletscherwelt ist nicht mehr möglich. 

Wir seilen uns an und ziehen die Steigeisen an. Auf dem Gletscher mit Eis und vielen Spalten ist dies eine notwendige Massnahme der Sicherheit. Als Tourenleiter übernehme ich die Verantwortung für die Gruppe und muss einen sicheren Weg durch die spaltenreichen Zonen finden.

Ausbildung und Planung
Seit meiner Pensionierung bin ich Tourenleiter im SAC. Dazu habe ich zwei Kurse für Sommer und Winter, einen Lawinenkurs und einen Nothelferkurs sowie regelmässige Weiterbildungen besucht. Hier erlernen die angehenden Tourenleitenden die nötigen Techniken, das Einmaleins der Tourenplanung und die Führung einer Gruppe im Gelände. Wichtig sind eine gute Planung und die Vorbereitung der Touren. 

Bereits im Herbst beginnt in der Sektion die Planung für das nächste Jahr. Jede einzelne Tour muss sorgfältig vorbereitet werden. Je nach Tour und Vorkenntnissen gehört dazu auch eine vorgängige Rekognoszierung, um Weg, Gelände und Anspruchsniveau kennen zu lernen. Während sich die Gruppe früher am Vorabend einer Tour zur Vorbesprechung im Stammlokal der Sektion getroffen hat, wird heute die Tourenvorbereitung via E-Mail koordiniert. Bei unsicherem Wetter und im Winter bei kritischen Lawinenverhältnissen ist die Entscheidung zur Durchführung der Tour nicht immer einfach. Bei Gewitter und Nebel kann es im Hochgebirge schnell gefährlich werden. Muss die Tour abgesagt werden oder eine Alternative dazu gefunden werden? Oft braucht es Flexibilität für kurzfristige Programmänderungen. So musste ich vor einem Jahr für die Tour auf den Mont Blanc de Cheilon kurzfristig umdisponieren, weil ein Durchkommen über den Bergschrund nicht mehr möglich und die ganze Tour deshalb nicht machbar war. 

Bergvagabundinnen auf «Wildi Frau»

Unerwartete Hindernisse und Gefahren
Inzwischen sind wir bis zum Konkordiaplatz hinuntergelaufen. Ein reissender Gletscherbach versperrt den direkten Weg – ein Durchkommen ist nicht möglich. So müssen wir einen Umweg machen bis der Gletscherbach in die Tiefe des Aletschgletschers verschwindet. Hoch oben über dem Gletscher thront die Konkordiahütte. Früher war die Hütte viel näher beim Gletscher oder besser gesagt der Gletscher reichte viel näher zur Hütte. Die Verhältnisse im Gebirge haben sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Wo früher ein einfaches Durchkommen möglich war, sind heute gefährliche Couloirs, die wegen Steinschlag nicht mehr begehbar sind oder die Gletscher sind so stark zerklüftet, dass man dort nicht mehr durchkommt.

Über den Gletscher am gestreckten Seil

Weiter geht es über die Grünhornlücke zur Finsteraarhornhütte. Beim queren des Fieschergletschers gibt es heikle Stellen. Da der Schnee weich geworden ist, brechen wir an einigen Stellen knietief ein. Nicht immer ist klar wo die Spalten sind und ob die Brücken darüber noch halten. Hier ist konzentriertes Gehen am gestreckten Seil besonders wichtig. Am nächsten Tag geht es über weitere Gletscher zur Oberaarjochhütte, die wir gegen Mittag erreichen. Geplant ist die Besteigung des Oberaarhorns zum Sonnenaufgang für den nächsten Morgen. Doch es sind Gewitter angesagt. Deshalb entschliessen wir uns, bereits am Nachmittag den Gipfel zu besteigen und das noch schöne Wetter zu nutzen. Herrlich ist die Rundsicht auf dem Gipfel auch ohne Sonnenaufgang!

Nach dem Aufstieg folgt die grossartige Abfahrt im Tiefschnee

Wie bei den meisten Vereinen beruhen auch beim SAC die Kernaktivitäten auf dem Einsatz von Freiwilligen. Neben den Angeboten der Tourenleitenden gehören auch die Arbeiten in den verschiedenen Ämtern der Sektionen dazu. Seit meiner Pensionierung habe ich die nötige Zeit, um selber Touren anzubieten: Hoch- und Skitouren für jüngere Sektionsmitglieder und Bergwanderungen und leichte Skitouren unter der Woche für die Älteren. Das gibt mir den nötigen Anreiz, mich im Rentenalter fit zu halten. Das Schönste ist, wenn die Teilnehmenden zufrieden heimkommen und dankbar sind für das schöne Tourenerlebnis.

Robert Fluder war Professor an der Berner Fachhochschule und ist seit seiner Pensionierung freiwilliger Tourenleiter beim SAC

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