2 min Ausgabe Nr. 4 | 2022

Neues Erbrecht: «Schenkungsverbot»

Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Erbrecht in Kraft. Haben Sie bereits einen Erbvertrag abgeschlossen, kann dies unter Umständen zur Folge haben, dass Sie ab diesem Tag einem Schenkungsverbot unterliegen.

Was ändert sich?
Durch den Abschluss eines Erbvertrages kann sich eine volljährige und urteilsfähige Person gegenüber einer anderen Person verpflichten, ihr oder einem Dritten eine Erbschaft oder ein Vermächtnis zu hin- terlassen. Obwohl die spätere Erbschaft durch lebzeitige Schenkungen an Dritte geschmälert wird, gilt heute der Grundsatz der Schenkungsfreiheit. Somit sind Schenkungen, die nach Abschluss des Erbver- trages an Dritte ausgerichtet werden, grundsätzlich zulässig. Eine Unvereinbarkeit mit dem Erbvertrag ist nur dann gegeben, wenn der Erblasser durch die Schenkung offensichtlich beabsichtigte, den Erbver- tragspartner zu schädigen. Der Nachweis einer solchen Schädigungsabsicht obliegt der erbvertraglichbegünstigten Person (in der Regel den Nachkommen).

Unter dem neuen Recht wird das Prinzip der Schenkungsfreiheit aufgegeben. Nach Abschluss des Erb- vertrages gilt nun grundsätzlich ein Schenkungsverbot. Lebzeitige Schenkungen sowie im Erbvertrag nicht vorgesehene Zuwendungen von Todes wegen sind neu anfechtbar, sofern sie

  • mit den Verpflichtungen aus einem Erbvertrag nicht vereinbar sind (z. B. Schmälerung der erb-rechtlichen Begünstigung);
  • über gewöhnliche Gelegenheitsgeschenke hinausgehen, und
  • im Erbvertrag nicht explizit vorbehalten sind.

Eine Schädigungsabsicht ist nicht mehr zu beweisen. Dadurch steigen die Prozesschancen der erbvertrag- lich begünstigten Person, die eine Schenkung anficht.

Was bedeutet das für Sie?
Haben Sie mittels eines Erbvertrages einen Erben eingesetzt oder zusätzlich begünstigt, ohne sich das Ausrichten von Schenkungen im Erbvertrag ausdrücklich vorzubehalten, besteht die Gefahr, dass der Erbvertragspartner allfällige lebzeitige Schenkungen, die Sie in Zukunft ausrichten werden und die über gewöhnliche Gelegenheitsgeschenke hinausgehen, erfolgreich anficht.

Leben die Parteien des Erbvertrages noch, können Sie den Erbvertrag mit dem Einverständnis des Vertrags- partners entsprechend anpassen und sich das Recht vorbehalten, lebzeitige Schenkungen zu tätigen.

Problematisch wird es, wenn eine Partei des Erbvertrages bereits verstorben oder urteilsunfähig ist. In diesen Fällen kann der Erbvertrag nicht mehr ange- passt werden.

Wir empfehlen Ihnen, bestehende Erbverträge überprüfen zu lassen.

Kontaktieren Sie unseren Experten:

Joshua Imhof, BDO AG
Rechtsanwalt und Notar Mitglied Fachgruppe Nachfolge- und Nachlassplanung joshua.imhof@bdo.ch
Tel. 041 368 12 35

Weitere Artikel

Familienstiftungen in der Schweiz

Seniorinnen und Senioren stehen oft vor der Herausforderung, ihr Vermögen sinnvo...

KV Senior:innen feiern 100-Jahr-Jubiläum

Die Pensionierten-Vereinigung des Kaufmännischen Verbandes Zürich ist einer der ...

Gewalt bei älteren Paaren

Im Rahmen einer losen Gesprächsreihe ist die UBA im Gespräch mit Gabriela Rauber...