4 min Ausgabe Nr. 3 | 2025

Palliative Care – Leben bis zuletzt

Palliative Care bietet eine umfassende Behandlung und Betreuung für unheilbar kranke Menschen und deren Angehörige. Sie will den Betroffenen die bestmögliche Lebensqualität verschaffen – bis zuletzt.

«Palliativstation» steht in grossen Lettern auf dem Schild über der automatischen Schiebetür. Herr Kuhn wird von der Notaufnahme, wo er vor ein paar Stunden wegen eines epileptischen Anfalls aufgenommen wurde, verlegt. «Palliativstation? Ist es denn schon so weit?», fragt der 74-Jährige den Pflegefachmann, der sein Bett durch den Gang des Bezirks­spitals schiebt. Und Herr Kuhn hakt nach: «Sterbe ich jetzt?». Der junge Mann am Bettende kann beruhigen: «Nein. Palliative Betreuung bedeutet nicht, dass Sie in den nächsten Tagen oder Stunden sterben werden. Palliative Care ist eine ganzheitliche Begleitung in einer schweren Krankheit und für die letzte Lebensphase. Wir versuchen hier, ihr Leben so lebens­wert wie möglich zu gestalten.» 

Der Begriff «palliativ» stammt ab vom lateinischen Wort «pallium», der Mantel, und bedeutet «umhüllen, ummanteln». Genau das ist der Ansatz von Palliative Care: Menschen mit einer lebensbedrohlichen Krankheit sowie ihre Angehörigen ganzheitlich behandeln und umfassend betreuen. Dabei stehen das Wohl der Betroffenen und deren Selbstbestimmung stets im Mittelpunkt. Eine palliative Behandlung und Betreuung erhalten nicht nur unheilbar kranke Akutpatienten, immer mehr werden auch ältere oder hoch betagte Menschen mit Mehrfacherkrankung (Multimorbidität), chronischen Krankheiten oder Demenz palliativ betreut.

Was dem Patienten wichtig ist

Wenn eine Krankheit nicht mehr heilbar ist und fortschreitet, ist es sinnvoll, die Palliative Care frühzeitig einzubeziehen. Das geschieht nun bei Herrn Kuhn, der an einem Hirntumor erkrankt ist und neu unter epileptischen Anfällen leidet. Die palliative Behandlung orientiert sich nicht in erster Linie daran, was medizinisch alles machbar ist, sondern daran, was den Betroffenen selbst wichtig ist. Wie will der Patient die verbleibende Lebenszeit verbringen? Welche medizinischen Eingriffe befürwortet er und auf welche möchte er verzichten? Wo will er am Lebensende betreut werden? Solchen Fragen wird sich das Team des Kompetenzzentrums für Palliative Care in den nächsten Tagen gemeinsam mit Herrn Kuhn und seinen Angehörigen stellen. In einem Notfallplan wird dann festgehalten, was die Wünsche und Anforderungen an seine Behandlung sind, welche Schritte unternommen werden sollen und wohin sich Angehörige oder der Betroffene wenden können, wenn eine Notsituation eintrifft. 

Der ganzheitliche Ansatz

Eine palliative Behandlung folgt einem ganzheitlichen Ansatz: Sie stellt den Menschen als Ganzes ins Zentrum und richtet sich nach seinen körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnissen. Ziel der palliativen Behandlung ist es, Schmerzen und belastende Symptome wie Atemnot, Übelkeit, Müdigkeit oder Ängste zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen so zu verbessern. Dafür arbeiten die verschiedenen Fachpersonen Hand in Hand: Sie bilden ein interprofessionelles Team, das sich aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachpersonen, Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie verschiedenen Therapeutinnen und Therapeuten zusammensetzt. Das können – je nach Bedarf – Fachpersonen der Physiotherapie, Psychologie, Ergotherapie, Logopädie sowie Kunst- und Musiktherapie sein. Auch eine Sozialarbeiterin oder ein Sozialarbeiter gehört zum interprofessionellen Team. Und schliesslich kommen in der Palliative Care auch Freiwillige zum Einsatz, welche die kranke Person unterstützen und die Angehörigen entlasten.

Selbstbestimmt bis zuletzt

Von der Leitenden Ärztin der Palliativstation erfahren Herr Kuhn und seine Frau, dass Palliative Care an keinen Ort gebunden ist. Allgemeine Palliative Care wird in Spitälern, Alters- und Pflegeheimen oder zu Hause von medizinischen Fachpersonen und der Spitex geleistet. Bei komplexen Symptomen, instabilen Krankheitssituationen oder wenn das bisherige Betreuungsnetz an seine Grenzen stösst, kommt die spezialisierte Palliative Care zum Tragen. Diese erfolgt auf einer Palliative Care Station eines Spitals, einer spezialisierten Abteilung eines Pflegeheims, in einem Hospiz oder zu Hause durch ein spezialisiertes mobiles Palliative Care Team. Herr Kuhn hofft, zurück in seine Wohnung zu können, sobald seine Symptome unter Kontrolle sind. Auch seine Frau befürwortet diesen Schritt. Unterstützung bekommen sie vom Spezialisierten ambulanten Palliative Care Dienst, der sich bereits zu einem Erstgespräch gemeldet hat und gemeinsam mit den Kuhns ein Betreuungsnetz von Fachleuten, Angehörigen und Freiweilligen erstellen wird – damit Herr Kuhn seine letzte Lebensphase wunschgemäss möglichst zu Hause verbringen kann. 

Sie möchten noch mehr über dieses Thema
erfahren? Im kommenden Jahr berichtet
«SeniorInnen» in einer Serie über Palliative Care.

palliative zh+sh

Wir sind eine Sektion von palliative.ch, der Schweizerischen Fachgesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung. palliative zh+sh ist ein gemeinnütziger Verein und politisch und konfessionell neutral. Er engagiert sich auf fachlicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene für die Förderung der Palliative Care in den Kantonen Zürich und Schaffhausen und setzt sich für eine qualitativ hoch­stehende palliative Behandlung, Betreuung und Begleitung von Betroffenen und ihrer Angehörigen ein. 

Weitere Informationen unter:
www.pallnetz.ch

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