Wie die Digitalisierung unser Leben verändert
Die technischen Fortschritte überfordern Seniorinnen und Senioren schnell. Die diesjährige Zürcher Alterskonferenz vom 28. September machte den Anwesenden aber Mut.
Von Peter C. Meyer, Vorstandsmitglied ZRV
Roboter streicheln bei Einsamkeit?
Wollen Sie eine Roboterrobbe streicheln, wenn Sie einsam sind? Gesundheitsexperte Beat Sottas er- zählte an der Zürcher Alterskonferenz über einige Roboter, die älteren Menschen ihren Alltag erleich- tern oder lustiger machen können. Wegen des Fachkräftemangels werden in Zukunft vermehrt Roboter als «Arbeitskollegen» eingesetzt, zum Beispiel in der Pflege. Alle Referenten der Konferenz waren sich aber einig, dass die Digitalisierung den Menschen nicht ersetzen wird. Wir werden lieber von Menschen betreut und gepflegt. Aber wenn niemand Zeit hat, so Sottas, gilt schon heute in Japan: «Roboty cares or nobody cares.»
Tickets für Tram und Bus nur noch online?
Die meisten Tickets im öffentlichen Verkehr werden online gekauft. Können wir in Zukunft nur noch im Internet Tickets kaufen? Pascal Rechsteiner vom Zürcher Verkehrsverbund ZVV konnte die rund 200 sehr interessierten, älteren Menschen im Publikum beruhigen: Der ZVV nimmt die Bedürfnisse der Se- niorinnen und Senioren ernst. Wer das Internet nicht benützen will oder kann, wird in Zukunft Tickets te- lefonisch kaufen können. Der Ticketkauf beim Bus- führer wird aber nicht möglich sein.
Cyberkriminelle wollen unser Geld klauen – was tun?
Die meisten Bankgeschäfte laufen heute bequem on- line. Romano Ramanti von der Zürcher Kantonalbank ZKB zeigte in seinem Referat, dass online bezahlen und andere Bankgeschäfte immer einfacher werden. Wer das Internet nicht benützt, kann weiterhin auf der Post einzahlen oder die Bankfilialen persönlich besuchen. Das kostet aber mehr und ist aufwendiger als via Internet.
Allerdings steigen auch die Bedenken: Ist das sicher? Können Cyberkriminelle über das Internet unser Geld klauen? Ramanti erklärte, dass Bankgeschäfte über das Internet technisch sehr sicher sind. Er als «Ethical Hacker» weiss, wovon er spricht. Betrug mittels Internet ist aber erfolgreich, wenn die menschlichen Schwächen ausgenützt werden. Die Menschen werden mit gefälschten, betrügerischen E-Mails und Websites manipuliert, bis sie naiv in die Falle stürzen und viel Geld verlieren.
Gesundheitswesen digital im Rückstand
Im Gesundheitswesen könnten die Prozesse und die Zusammenarbeit mit digitalen Mitteln deutlich verbes- sert und günstiger werden. Martin Denz zeigte als Vertreter des neuen digitalen Gesundheitssystems Compassana auf, was möglich und nötig wäre; dass aber die Schweiz bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht vorwärtskommt. Einzelne Netzwerke und Organisationen sind gut organisiert, aber der Austausch mit und zwischen den Spitälern und Kliniken ist selten effizient gelöst. Ein schweizweit einheitliches, effizientes elektronisches Patientendossier (EPD) wäre ein sinnvolles Instrument.
In der lebhaften Diskussion kam aus dem Publikum die Frage, wo die Umsetzung des EPD stehe. Die an- wesende Regierungsrätin Natalie Rickli konnte souverän und spontan antworten: So, wie das EPD heute ist, geht es nicht. Der Bund muss ein besseres Gesetz erarbeiten als Voraussetzung für ein wirksames und wirtschaftliches EPD.
Kantonale Spitalplanung berücksichtigt den Bedarf alter Menschen
Die kantonale Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli zeigte in ihrem interessanten Grusswort, wie der Kan- ton Zürich in der Spitalplanung den Bedarf alter Menschen berücksichtigt. Prognosen zeigen, dass es bis 2032 etwa 24 Prozent mehr Rehabilitationsplätze braucht als heute, vor allem für alte Menschen. Ziel der Gesundheitsdirektion ist die «wohnortsnahe Rehabilitation». Während früher die meisten Reha- Patientinnen und -Patienten in weit entfernten Reha-Kliniken behandelt wurden, soll dies nun än- dern: Neue Reha-Plätze werden wohnortsnah aufgebaut. Generell will Rickli die wohnortsnahe Ge- sundheitsversorgung fördern. Dies kommt den hochbetagten Menschen zugute: Sie können länger zuhause bleiben, und bei einem Spital- oder Heimaufenthalt werden sie häufiger von ihren Angehörigen besucht.
Souveräne Moderation und Dank
Cäcilia Hänni, die Präsidentin des ZRV, führte souve- rän und gekonnt durch die Konferenz. Sie erklärte, dass die Digitalisierung tiefer in unser Leben eingreift und dass deshalb Seniorinnen und Senioren infor- miert und unterstützt werden müssen. Wir brauchen kundengerechte Angebote, auch für alte Menschen. Cäcilia Hänni dankte allen Personen und Institutionen, die die tolle Alterskonferenz ermöglicht haben, insbesondere den Referentinnen und Referenten und den beiden Hauptsponsorinnen, der ZKB und der kantonalen Gesundheitsdirektion.