3 min Ausgabe Nr. 1 | 2024

Gewalt bei älteren Paaren

Im Rahmen einer losen Gesprächsreihe ist die UBA im Gespräch mit Gabriela Rauber, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Haute École de la Santé La Source (HES-SO).

Gewalt in Beziehungen beginnt oft schleichend. Sie hat viele Gesichter, beginnt oft mit psychischen Abwertungen, die das Selbstwertgefühl schwächen. Wo passiert sie, in welchen sozialen Schichten?
Häusliche Gewalt kommt bei Menschen jeden Alters vor, unabhängig von Wohnort und Geschlecht. Jährlich werden in der Schweiz um die 300 000 bis 500 000 Personen über 60 Jahre Opfer von Gewalt oder Vernachlässigung, sehr oft in den eigenen vier Wänden. Laut Statistik nehmen ältere Menschen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, seltener Hilfe in Anspruch als andere Bevölkerungsgruppen. Viele Fälle bleiben unentdeckt. Deshalb ist es wichtig, darüber zu sprechen.

Es ist bekannt, dass häusliche Gewalt neben
körperlicher Misshandlung auch psychische Misshandlung wie Erniedrigungen, Beschimpfungen, Bevormundung umfasst. Soziale Isolation sowie erzwungene sexuelle Handlungen oder wirtschaftliche Gewalt gehören ebenfalls dazu. Jahrelange Missstände trüben oft das Bewusstsein, dass die eigene Situation nicht in Ordnung ist. Was sind klare Anzeichen dafür, von Gewalt betroffen zu sein?

Um festzustellen, ob man von Gewalt betroffen ist, kann man sich z. B. fragen: «Kontrolliert mein Partner/meine Partnerin, mit wem ich Kontakt habe? Hatte ich schon mal Angst vor ihm/ihr?» Zwingt mein Partner/meine Partnerin mir Entscheidungen auf, die ich gar nicht will? Fühle ich mich von meinem Partner/meiner Partnerin erniedrigt und gedemütigt?

Wer hilft mir, wenn ich von Gewalt betroffen bin?
Bei akuter Gefahr rufen Sie sofort die Polizei unter 117 oder die Ambulanz unter 144. Ansonsten empfehlen wir den Kontakt zum Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt unter 0848 00 13 13, das kostenlose und auf Wunsch anonyme Unterstützung und Beratung für Gewaltbetroffene, Gewaltausübende, Angehörige und Fachleute bietet. Weitere Hilfe gibt es bei der Dargebotenen Hand, der Opferhilfe oder durch Gespräche mit vertrauten Personen wie Familienmitgliedern, Freunden oder dem Hausarzt/der Hausärztin.

Was kann/soll ich unternehmen, wenn ich Gewalt beobachte?
Das direkte Ansprechen dieses heiklen Themas kann schwierig sein. Daher raten wir auch hier, zuerst das Kompetenzzentrum zu kontaktieren. Wer etwas beobachtet oder den Verdacht hat, dass es in einer Partnerschaft zu Gewalt kommt, findet hier Rat und hilfreiche Informationen zum Umgang mit der Situation.

Informationen zur aktuellen Sensibilisierungskampagne «Gewalt bei älteren Paaren»:
Die Daten wurden gesammelt aus Interviews mit ehemaligen Opfern, die zum Zeitpunkt der Tat im Seniorenalter waren, und Fachleuten aus den drei grössten Sprachregionen der Schweiz. Die Interviews wurden im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Fachhochschule für Gesundheit La Source (HES-SO), des senior-lab und des Nationalen Kompetenzzentrums Alter ohne Gewalt durchgeführt.

Zahlen und Fakten
Gewalt und Misshandlung haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lebensqualität. Manchmal sind Gewalteinwirkungen tödlich. Mindestens eine von fünf Frauen in der Schweiz ist von Gewalt in der Partnerschaft betroffen. Auch Männer können Opfer werden. Die UBA verzeichnete im letzten Jahr stark steigende Fälle mit Gewaltthematik. Insgesamt 714 Kontakte und Beschwerden, davon 167 Fälle mit Gewaltthematik wurden gemeldet. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 37 %.

Die in der Deutschschweiz tätige Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter UBA, alter ego in der Westschweiz und Pro Senectute Ticino e Moesano sind Gründungsorganisationen des Nationalen Kompetenzzentrums Alter ohne Gewalt. Die drei Organisationen vertieften ihre langjährige Zusammenarbeit und das nationale Engagement gegen Gewalt im Alter.

Mehr Informationen zum Thema: Gewalt im Alter – Alter ohne Gewalt.

UBA. Wir sind für Sie da in Konflikt- und Gewaltsituationen – Rufen Sie aus der Deutschschweiz die Telefonnummer 0848 00 13 13 an, werden Sie mit der UBA verbunden.

Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter UBA
www.uba.ch
nfo@uba.ch

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