Immer mehr Gewalt und Betrug gegenüber Älteren
«Jeden zweiten Tag schlagen Telefonbetrüger zu und haben im Jahr 2023 insgesamt 5,8 Millionen Franken ergaunert», titelten die Medien am 24. Januar.
Von Barbara Neff, Vorstand ZSS
Das ist eine massive Zunahme von Telefonbetrug im Kanton Zürich. Opfer sind häufig Seniorinnen und Senioren. Nicht nur die Betrugsbeträge lassen aufhorchen, sondern auch die hohe Zahl Betroffener: 500 000 Personen über 60 Jahre werden in der Schweiz jährlich Opfer von physischer, psychischer Gewalt oder Verwahrlosung. Dies zeigt ein Bericht des Bundesrates aus dem Jahr 2020.
Nur einen Tag vor der Medienmeldung, die eine beunruhigende Entwicklung aufzeigt, hat Zürcher Seniorinnen und Senioren (ZSS) am ersten Anlass im Jahr 2024 das Thema aufgegriffen. «Gemeinsam gegen Gewalt, Betrug und Verwahrlosung im Alter – wir kümmern uns darum», so der Einstiegssatz der Referenten Thomas Patrik und Christoph Schwegler des Vortrags am 23. Januar. Die beiden Referenten gehören zusammen mit der Gerontologin Agnes Leukens zur Fachstelle Seniorenschutz der Kantonspolizei Zürich, welche Anfang 2021 aufgebaut worden ist.
Heikle Situationen früh erkennen und verborgene Straftaten aufdecken
Diese Fachstelle ist darauf ausgerichtet, in Ermittlungsverfahren den besonderen Bedürfnissen von verletzlichen Seniorinnen und Senioren als Opfer von Straftaten nachzukommen. Sie beobachtet und analysiert die Entwicklungen zur Früherkennung heikler Situationen oder zur Aufdeckung von verborgenen Straftaten. Sie ist vernetzt mit interdisziplinären Partnerorganisationen, wie zum Beispiel Pro Senectute, Spitex, Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter (UBA), Opferhilfe usw. und stellt die polizeiinterne Ausbildung in gerontologischen Themen sicher.
Verbale oder nicht verbale Angriffe, die auf das Selbstbewusstsein oder die Würde abzielen, tatsächliche oder angedrohte Handlungen, die zu Verletzungen führen, finanzieller oder materieller Missbrauch, sexuelle oder strukturelle Gewalt gehören alle in den Katalog der Gewalt-Formen. Aber auch Unterlassungen und Vernachlässigung bis hin zur Verwahrlosung sind Formen der Gewalt.
Nur gerade 20 Prozent der Misshandlungsfälle werden angezeigt, 80 Prozent bleiben im Dunkeln. Aber – auch nicht jeder blaue Fleck im Gesicht einer Seniorin deutet auf Gewalteinfluss hin.
v.l. Thomas Patrik und Christoph Schwegler,
Fachstelle Seniorenschutz der Kantonspolizei Zürich
Betrug hat viele Gesichter
Auch bei Betrug lassen sich verschiedene Formen und Merkmale erkennen, wie beispielsweise Vorspielen einer Notlage, vorgetäuschte Liebesbeziehung, Enkeltrick, falsche Polizisten usw. Gerade Menschen mit einem hohen Verantwortungsgefühl, grosser Hilfsbereitschaft und mit der Überzeugung, dass jeder Mensch im Kern seines Wesens gut ist, sind besonders anfällig, Betrugsopfer zu werden.
«Rendite genial – Verlust total», der Online-Anlagebetrug, aber auch die Cyberkriminalität konnten an diesem Nachmittag aus zeitlichen Gründen nur gestreift werden. In einer dem Referat folgenden Fragerunde haben dennoch einige Fragen zu vertieften Antworten und auch Erfahrungsberichten aus der Teilnehmerrunde geführt.
Und was wurde uns vom Seniorenschutz der Kantonspolizei noch weiter mit auf den Weg gegeben? Den Opfern fällt es oft schwer, sich zur Wehr zu setzen. Seien wir deshalb achtsam, sprechen wir über Wahrnehmungen, handeln wir und wenden wir uns bei unklaren Situationen an seniorenschutz@kapo.zh.ch oder an eine Partnerorganisation.