
Naturschutz, Biodiversität und Sicherheit verstehen sich ausgezeichnet
Wie im grössten Naturreservat des Kantons Zürich Technik und Natur nebeneinander existieren, konnten 46 ZSS-Mitglieder an einer kompetent geführten Rundfahrt hautnah erleben.
Von René Hoppeler (Text) und Urs Bösch (Fotos)
Tier- und Pflanzenwelt
Zwischen den Pisten liegt ein 74 Hektar grosses Naturschutzgebiet mit 34 Hektar begehbaren Flachmoorflächen von nationaler Bedeutung. Ein ausgeklügeltes Biotopmanagement berücksichtigt den Tierlebezyklus, die Natur und die Sicherheit. Die weiten Langgraswiesen haben ökologischen Wert und verhindern, dass sich Schwarmvögel niederlassen und Greifvögel solche erspähen können. Sogar der Kiebitz lebt wieder hier. Andere Bereiche werden kurz gemäht damit die für Flugzeuge nötigen Markierungen sichtbar bleiben. Das wenig belastete Gras wird an umliegende Bauern abgegeben.

Zu Fuss erkunden wir einen Wassergraben mit Bäumen und Büschen. Reges Frosch-Gequake begleitet uns bis wir auf zwei umfangreiche, sauber abgenagte Biberbäume stossen.

Hermann, unserer Tourguide, betreibt Biberkunde und zeigt uns wie sich die dort ansässige Biberpopulation in der Böschung eingräbt. Biber wiegen 30 bis 70 kg und sind als Sippentiere auch ihrem Partner treu. Sie verteidigen ihr Revier, was zu Kämpfen mit Verletzungen führen kann. Biberzähne wachsen laufend nach und sind im vorderen Teil sehr hart. Das braucht es auch um sogar Eschen abzunagen. Bei der Suche nach einem neuen Revier können Biber 30 bis100 Kilometer weit wandern.
Ein Stück weiter zeigt uns Hermann das «Wiesel Projekt». Dieses schafft Voraussetzungen, um die Mäusepopulation auf natürliche Weise zu regulieren.

Bevor wir den Fussmarsch beenden queeren wir ein Stück Grasland mit wunderschöner Flora. Seltene verschiedene Orchideen wechseln sich mit Sibirischen- und Sumpf-Lilien ab. Hermann gräbt eine Herbstzeitlose, nicht zu verwechseln mit Bärlauch, aus und erläutert deren Wachstum und ihr gefährliches Gift. Wir lernen, dass sie den Stoff Mutagen enthält welcher für die Züchtung übergrosser Früchte verwendet wird.

Landschaftserhalt
Beim Bau der Pisten musste teilweise in das sensible Moorgebiet eingegriffen werden. Pof. Dr. Hans Klötzli, der führende Schweizer Geobotaniker, leistete am Flughafen einzigartige Pionierarbeit, indem er erfolgreich wertvolle Moor-Bereiche umpflanzen liess. Dafür wurden teure Spezial-Maschinen entwickelt und es entstand das sogenannte Klötzliloch.

Sicherheit und Technik
Auf unserem Weg kreuzen wir die Depots der mächtigen Löschfahrzeuge. Diese liegen so über das Gelände verteilt, dass sie in drei Minuten mit den nötigen Löschmitteln an jedem Ort des Flughafens sein können.

Urs, der 2. Tourguide, war früher selbst bei der Feuerwehr und erläutert, was es dazu braucht: breite Zufahrtspisten, einen Pikettdienst, der in 20 Sekunden die Garage verlässt und Fahrzeuge welche hohen Geschwindigkeiten (zwischen 115 und 140 km/h) erreichen.
Das ganze Gelände ist sicherheitshalber umzäunt. Niederwilddurchgänge sichern den genetischen Austausch. Grössere Tiere werden vom Betreten abgehalten.
Eindrücklich sind die Vorbereitungen für den Winterdienst. 48 Tonnen schwere Spezialfahrzeuge im Wert von 80 Mio stehen bereit. Sie werden von Fahrern aus privaten Firmen aus der näheren Umgebung und flughafeneigenen Mitarbeitenden betrieben. Der Flughafen Zürich ist stolz darauf, dass er noch nie wegen Schnee geschlossen wurde.
Ökologie wird grossgeschrieben
Jeder Passagier produziert 700 Gramm Abfall. Dies ergibt bei 31 Mio Passagieren pro Jahr eine beachtliche Menge. Diese wird aufgetrennt und stoffgerecht entsorgt. Das gilt auch für die Flüssigkeiten der Enteisungsanlage. Grosse Teile der gereinigten Flüssigkeit werden dem natürlichen Kreislauf zugeführt.
Geschichte des Flughafens
Die Gestaltung des Geländes geht auf die Eiszeit zurück. Der Flughafen lag 400 Meter unter der Eisdecke. Beim Rückzug der Gletscher entstand ein riesiger See. Bis 1850 wurde darin gefischt. Der römische Gutshof Seeb (Winkel), lag damals am Wasser. Im Mittelalter wurden in diesem Gebiet viele Rodungen vorgenommen, welche jetzt wieder renaturiert werden. Von 1912 bis im 2. Weltkrieg war das Flughafengebiet ein sumpfiger Waffenplatz. Anfänglich wurde der Flugplatz als grosse unbefestigte Wiese gebaut, damit von allen Seiten her gelandet werden konnte. Erst später wurde mit dem Pistenbau begonnen. Eröffnet wurde der Flughafen 1948 mit 12 Mitarbeitenden.

Flughafen heute
Die im Jahr 2000 privatisierte Flughafen AG ist ein gewichtiger Steuerzahler. Sie bezahlte insgesamt 1.3 Mia Steuern und Dividenden an die öffentliche Hand. Gleichzeitig investiert sie substanzielle Summen in die Natur. Die Glatt mit Ihrem Feuchtegebiet entlang der Piste 34 beispielsweise, soll renaturiert werden. Obwohl dieses Gebiet ausserhalb des umzäunten Sicherheitssektors liegt, werden die Kosten von 50 Mio. vom Flughafen getragen.
