3 min 27. Okt. 2025 Berichte

Wunderliche Geschichten aus der Landsknechtzeit

Mit viel Witz und grosser Begeisterung führte «Landsknecht» Martin Harzenmoser zweimal eine Gruppe an geschichtsträchtige Plätze in Zürich. Und überall gab es etwas zu degustieren.

Von Barbara Gasser, Vorstandsmitglied ZSS

Wie aus dem Nichts steht er plötzlich auf dem Münsterhof in Zürich inmitten der 30 angemeldeten Teilnehmenden: Martin Harzenmoser in der Uniform eines Landsknechts. Er führt durch die kulinarische Geschichte des alten Zürich. Der Rundgang beginnt mit einem Gläschen Weisswein, den der Landsknecht in seinem Rucksack mitgebracht hat. Es ist nicht das einzige Versüecherli, in deren Genuss die Damen und Herren der kürzlich stattgefundenen ZSS-Führungen kommen. «Es gab eine Zeit, da floss aus den Brunnen Wein statt Wasser», verkündet der Landsknecht. «Auch Kinder tranken davon, noch bis 1914.»

Landsknecht Martin Harzenmoser führt die Gruppe an geschichtsträchtige Plätze in Zürich. Foto: Barbara Gasser

Von der Kämbelgasse aus – «der Name hat nichts mit Kamelen zu tun, sondern mit den Grämplern, den Lebensmittelhändlern», so Harzenmoser – hat man einen guten Blick auf das Grossmünster, dessen Türme einmal 25 Meter höher waren als heute. In der Gasse gab es bis 1836 eine Bäckerei, gegründet im 17. Jahrhundert. Ihre Spezialität waren Muskazinli. «Gut für die Manneskraft. Bei Frauen setzt die Wirkung zwei Tage später ein», witzelt der Landsknecht.

Auf der Gemüsebrücke wird Wurst degustiert. Foto: Barbara Gasser

Fleisch statt Gemüse auf der Brücke
Auf der Gemüsebrücke steht das Thema «Fleisch» im Mittelpunkt, weil sich dort zu Landsknechtzeiten im 16. Jahrhundert die Fleischhalle befand. Als Erinnerung daran kommen die Teilnehmenden in den Genuss eines Stücks feinster Üetliberger Chämiwurst. Weiter führt der Rundgang zur Schipfe, wo Ellie Schnyder nach einem Hexenprozess lebendig eingemauert worden war. Nach dieser schaurigen Erzählung besänftigen die Tirggel aus dem Rucksack des Landknechts die aufgewühlten Gemüter. Den Durst löschen kann man später in der Strehlgasse am Brunnen mit dem Amazonenturm, dem ältesten Brunnen Zürich aus dem Jahr 1460. Er ist einer von insgesamt 1260 auf dem gesamten Stadtgebiet. 

Das Wasser vom Amazonenbrunnen schmeckt köstlich. Foto: Barbara Gasser

Beim Haus zur Glocke zaubert Harzenmoser eine weitere Zürcher Spezialität aus den mitgebrachten Blechschachteln: Hüppen. Dort, wo sich jetzt ein Steak-Restaurant befindet, wurde dieses Gebäck bis Ende der 1970er-Jahre in der damaligen Konditorei hergestellt.

Bei St. Peter, der ältesten Kirche der Stadt, erfahren die Damen und Herren die traurige Geschichte von Bethli und Hansjakobli, sie die Tochter des Zunftmeisters der Zunft zu Safran, er der Sohn des Turmwächters. Der Vater verheiratete Bethli standesgemäss, was dem jungen Mann das Herz brach und er sich vom Turm in den Tod stürzte. Während vielen Jahre stand dort ein Apfelbaum, dem die Menschen ihren Liebeskummer anvertrauen konnten. Zur Erinnerung gibt es eine Kostprobe schöner roter Apfelringli.

Zum Abschluss gibt’s eine Stärkung aus der Rotweinflasche. Foto: Barbara Neff

In der Weggengasse, wo früher Bäckereien angesiedelt waren, verteilt der Landknecht passend zum Ort Stücke von schmackhaftem Brot. Der Rundgang endet auf dem Weinplatz mit einem Schluck Rotwein, die letzte kulinarische Überraschung des Landsknechts mit den Worten früherer Ratsherren: «Trinken ist des Ratsherren Pflicht, denn trockene Lampen leuchten nicht.»

An der Führung leuchtet ein Regenbogen über dem Rathaus. Foto: Barbara Neff

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