5 min 10. Dez 2024 Berichte

Autorenlesung und Panflötenklänge, die berührten

Dies waren die Ingredienzen des Adventsanlasses 2024 von «Zürcher Seniorinnen und Senioren» ZSS. Margrit Schriber las aus ihrem neuesten Roman «Die Stickerin». Jörg Frei umrahmte die Lesung mit seinem virtuosem Panflötenspiel. Die über 50 Gäste waren begeistert und bewegt.

Text: Cäcilia Hänni / Bilder: Urs Bösch

Margrit Schriber liest eindringlich und konzentriert

Packende Geschichte über eine selbstbewusste Frau
Wenn der Beruf zur Berufung wird, lässt er einem auch nach dem Erreichen des Pensionsalters nicht los. Margrit Schriber (85) las mit eindrücklicher Präsenz und Ausstrahlung und zog die Gäste in Ihren Bann. Ihr jüngster Roman «Die Stickerin» thematisiert in packender Weise das Leben einer jungen, mutigen Appenzellerin, der die bäuerliche Heimat zu Eng wurde. Als Schaustickerin zog es sie Anfang des letzten Jahrhunderts in die Metropolen Europas und später nach New York. Erfolge und Rückschläge, Glück und Trauer wechseln sich in der Geschichte ab. Die Geschichte zog die Gäste in ihren Bann. Viele nutzten die Gelegenheit für den Buch Kauf für jemanden Lieben zu Weihnachten oder für sich selbst.

Jörg Frei entlockt seiner Panflöte berührende Klänge.

Betörende Panflötenklänge berühren das Innerste
Das virituose Panflötenspiel von Jörg Frei (65) begeisterte die Gäste. Sanfte adventliche Klänge wechselten mit einem energischen Volkstanz, Stücken aus der Filmwelt oder Klassik sowie einem Appenzeller «Juchzerli», passend zur Geschichte des Romans. Das spontane intonieren von «Happy Birthday für den 93-jährigen Geburtstagsjubilar war eine besondere Überraschung. Jörg Frei umrahmte die Autorenlesung einfühlsam und mit einem charmanten Schuss Heiterkeit. 

Kaffee und Torte und angeregte Gespräche rundeten den Nachmittag im festlich dekorierten Saal des Alterszentrums Hottingen ab. 

Herzlichen Dank allen, die zu diesem Stimmungsvollen Nachmittag beigetragen haben.

Auch ehemalige Vorstandsmitglieder liessen sich den Anlass nicht entgehen: v.l. Hansruedi Baumberger (a. Vorstand), Daniel Schwab (Vorstand), Barbara Neff (Vorstand) Hanueli Kull (Ehrenmitglied), Cäcilia Hänni (Präsidentin), René Hoppeler (Vorstand)

Innerrhoder Legende 
……Räss ist eine Innerrhoder Legende, die zwischenzeitlich fast vergessen ging. Die junge Schaustickerin zog nach Amerika, wo sie ein Broderiegeschäft eröffnete und zu Wohlstand und illustren Freunden und Freundinnen kam. Sie verschaffte Innerrhoder Handstickerinnen über Jahre Aufträge. Für den Neubau der Kirche Eggerstanden spendete sie mehrere Hunderttausend Franken. Es gibt einige Leerstellen in ihrer Biografie, die Margrit Schriber mit Fantasie, fiktiven Briefen und spannenden Figuren gefüllt hat.

Die Laufbahn des Mädchens aus einer armen Bauernfamilie vom «Grüt» zur Unternehmerin und reichen Tante aus Amerika «hat unsere Fantasie beflügelt», erinnerte sich Roland Inauen. Räss reiht sich ein in die Gilde der talentierten und geschäftstüchtigen Stickerinnen, die mit der Handstickerei zum Einkommen der Innerrhoder Familien massgeblich beigetragen haben. Von der Landwirtschaft konnten die wenigsten gut leben. «Die Geschichte der Stickerinnen ist extrem wichtig für unseren Kanton. Es gab Zeiten da wurde in jedem Haushalt gestickt: Von 6000 Frauen und Mädchen stickten um die vorletzte Jahrhundertwende 3000 gewerbsmässig.»

Talentiert und mit Geschäftssinn
Die Frauen brachten das Kunsthandwerk in die Nobelkurorte und in die Welt – wie Maria Antonia Räss und vor ihr schon Josefa Fritsche-Koch (1864–1949) und andere. Jährlich waren zur Hochblüte 200 Schaustickerinnen dort anzutreffen wo die Wichtigen und Reichen flanierten von Malmö bis Neapel, von Budapest bis London.

Schon bevor MAR – so ihr berühmtes Logo – ihr Textilimperium in New York gründete, gab es Innerrhoder Geschäfte in St. Moritz, San Remo und Rom. An der Weltausstellung in Paris 1889, als der Eiffelturm eingeweiht wurde, hatten die Stickerinnen ein eignes Chalet. Zur besten Zeit, als sie die Aussteuer für gekrönte Häupter verzierten, kostete ein besonders kunstvoll besticktes Mouchoir 500 Franken – «viel Geld damals, das nur die Allerreichsten ausgeben konnten», erzählte Roland Inauen. «Die Herrlichkeit war mit dem ersten Weltkrieg zu Ende.»

Die Geschäfte von Räss florierten noch lange, dank ihrem ausgeprägten Geschäftssinn und dem Auslagern der Handarbeit nach Asien und dem Import von Stickereien aus China. 1973 wurde die Broderie im Rockefeller Center aufgelöst. «Miss Räss» hierzulande und in Übersee inzwischen eine Legende, kehrte in ihre Heimat zurück, wo sie ihre letzten Lebensjahre im Altersheim Gontenbad verbrachte. Sie bekam einen Grabstein in Form eines Taschentuchs, der längst verschwunden ist. Roland Inauen ist begeistert, mit dem Roman «Die Stickerin» habe Maria Antonia Räss nun ein bleibendes Denkmal erhalten.

(Quelle: https://appenzell24.ch/news/maria-antonia-raess-befluegelte-die-fantasie/ von Monica Dörig 18.3.2024)

Margrit Schriber ist in der Innerschweiz aufgewachsen und wohnt heute in Zofingen. Sie war Bankangestellte, Werbegrafikerin und Model bevor sie sich schliesslich ganz dem Schreiben widmete.
In den letzten 40 Jahren hat Margrit Schriber 21 Bücher publiziert und viele Bühnenstücke verfasst. Ihr Terminkalender 2025 ist schon reich gefüllt mit Lesungen zu Ihrem neuesten Buch. Mehr zur Autorin unter:
https://www.margrit-schriber.ch/

Jörg Frei aus Langnau a. Albis lernte erst Orgel- und Zinnpfeifenbauer. Seit 1983 hat er sich ganz der Panflöte verschrieben: als Produzent, als Lehrer und mit seiner Konzerttätigkeit rund um die Welt. 2015 übernahm er das Panflötenatelier, in dem er zuvor während Jahrzehnten tätig gewesen war. Er tritt nicht nur an Konzerten auf, sondern oft auch an privaten Anlässen. Mehr zu Jörg Frei unter: https://panevolution.ch/

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