Tierwohl für eine gesunde Gesellschaft
Hand aufs Herz: Was gefällt Ihnen besser? Die Vorstellung von frei umherlaufenden Hühnern in einem schönen Auslauf oder diejenige von einer Massenhaltung mit zigtausend Tieren auf engstem Raum in einer riesigen, düsteren Halle?
Letzteres ist für die grosse Mehrheit der Hühner bittere Realität, und zwar nicht nur im Ausland. Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel der Biohof Rinderbrunnen im Grüt (ZH). Hier lebt eine bunte Hühnerschar in Freilandhaltung mit einem mobilen Stall als sicherem Rückzugsort. Die rund 500 Legehennen und 20 Hähne können auf den grünen Wiesen und dem grossen Kompost nach Herzenslust picken, scharren und fleissig Jagd auf Würmer und Insekten machen. So reduziert sich auch der Futterverbrauch im Stall. Das Hühnerfutter ist biologisch und beinhaltet bis zu einem Drittel Getreidereste und Nebenprodukte vom eigenen Hof und von benachbarten Betrieben. Nachhaltigkeit und geschlossene Kreisläufe werden hier grossgeschrieben.
Massentierhaltung zur Gewinnmaximierung
Landwirtschaftsbetriebe wie der Hof Rinderbrunnen stellen jedoch Ausnahmen dar. In den meisten Nutztierställen drängen sich tausende Tiere aneinander. Bei Legehennen sind es in der Schweiz bis zu 18 000 pro Betrieb, im Ausland gar bis zu 100 000 oder noch mehr Hennen in schlimmen Käfigbatterien. Tiere, die auf Hochleistung gezüchtet werden und auf deren Gesundheit und Tierwohl keine Rücksicht genommen wird. Einzig die Gewinnmaximierung zählt. Für viele Konsumenten und Konsumentinnen bedeutet dies: schön tiefe Preise, für die stillschweigend viel Tierleid in Kauf genommen wird.
Tierkrankheiten sind vorprogrammiert
Was wir neben dem enormen Tierleid oft vergessen, sind die Gefahren, die von solchen Massentierhaltungen ausgehen und die immer häufiger zu einem massiven Problem werden, auch für uns Menschen. So begünstigt das Zusammenpferchen vieler Tiere auf engstem Raum die Übertragung und Vermehrung von Viren, Bakterien, Parasiten und Pilzen. Damit steigt das Risiko, dass sie zu neuen Varianten mutieren. Um Ausbrüche von Seuchen möglichst zu vermeiden, werden in der Schweiz konventionelle Masthühner sowie Mastkälber stets vorbeugend mit Antibiotika behandelt. Ausserdem gilt: Je mehr Nutztiere pro Fläche in den Ställen gehalten werden, desto schneller werden bei ersten Krankheitsanzeichen diverse Medikamente verabreicht, um hohe Ausfälle zu vermeiden.
Resistenzen gefährden die Tiergesundheit
Was vordergründig helfen soll, die Tierbestände gesund zu halten, fördert gleichzeitig die Bildung von Resistenzen: Je öfter Medikamente eingesetzt werden, desto schneller verlieren sie ihre Wirkung, da sich die Krankheitserreger anpassen und ihre Struktur ändern (Mutationen). Kommt es in so einer Situation zu einem Krankheitsausbruch, bleibt meist nur die Massentötung sämtlicher Tiere des Betriebs, um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Dies gilt es in jedem Fall zu verhindern.
Zoonosen gefährden den Menschen
Es gibt viele Infektionskrankheiten von Tieren, die auf den Menschen übertragen werden können und umgekehrt, man sprich von Zoonosen. Bekannte Beispiele sind Tollwut und Borreliose, aber auch die oft von Eiern und Geflügelfleisch übertragenen Magen-Darm-Krankheiten Salmonellose und Campylobacteriose. Gemäss einem Bericht von UNEP und ILRI (Juli 2020) haben rund 60 Prozent der bestehenden menschlichen Infektionen einen tierischen Ursprung. Im «WHO-FAO-OIE Joint Statement (2021)» betonen die Organisationen, dass die Art und Weise, wie Tiere gehalten und vermarktet werden, entscheidend sind für das Auftreten und die Verbreitung von zoonotischen Erregern. Wird ein Antibiotika-resistenter Erreger auf den Menschen übertragen, so kann er nicht mehr behandelt werden, was zum Tod führen kann. Resistente Krankheitskeime aus der Nutztierhaltung stellen somit auch für die menschliche Gesundheit eine grosse Bedrohung dar.
Wenn der Wirt wechselt
Die vielleicht grösste Gefahr für uns Menschen besteht jedoch, wenn sich Krankheitserreger so weit verändern, dass sie den Wirt wechseln, sie also vom ursprünglichen Wirt (z. B. Vögel, also Geflügel) auf uns Menschen überspringen sich hier auch vermehren und dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden können. In diesem Fall besteht ein hohes Pandemierisiko. Bei manchen Zoonosen ist das Potential für eine Pandemie sehr gross. Aktuell passt sich z. B. das Vogelgrippevirus immer mehr an Säugetiere an. Noch kann es nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Weil aber gerade in der Massentierhaltung eine grosse Gefahr solcher Mutationen besteht, überwacht die WHO die Entwicklung der Vogelgrippeviren sehr genau.
Jeder kleine Schritt hilft
Bei all diesen Risikofaktoren spielt die Massentierhaltung eine Schlüsselrolle. Und genau hier kann jeder von uns eine wichtige Entscheidung treffen: Will ich so ein System unterstützen? Durch den Verzicht auf Produkte aus Massentierhaltung resp. den Kauf regionaler Bioprodukte können wir ein Zeichen setzen.
Denn wenn ganz viele von uns kleine Schritte tun, können wir alle zusammen viel Positives bewirken
zum Wohl der Tiere und für uns selbst. Vielleicht wird dann sogar eines Tages die Mehrheit der Nutztiere in Betrieben leben können, die viel Wert auf das Tierwohl legen. Eine schöne Vorstellung.
Tipps für den Alltag
Sie möchten gerne mit kleinen Schritten beginnen? Hier finden Sie einige nützliche Tipps.
Zürcher Tierschutz
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