Schwerhörigkeit als Risikofaktor für Demenz

In der Schweiz sind 155'000 Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen. Die Erkrankung ist für den/die Betroffene/n und sein Umfeld eine immense Herausforderung.Neueste Erkenntnisse zeigen, dass verschiedene Massnahmen – vor allem die Korrektur der Schwerhörigkeit – eine Demenzerkrankung verhindern kann.

Teil 5

Die Hauptursache für eine Pflegebedürftigkeit im Alter ist die Demenz. Weltweit leiden 50 Millionen Menschen an dieser Erkrankung. Bis 2050 werden schätzungsweise 152 Millionen Menschen weltweit betroffen sein. Circa 1.6 Millionen sind in Deutschland erkrankt, in der Schweiz sind es circa 155 000 Menschen. Es wird geschätzt, dass mehr als ein Drittel der Fälle durch entsprechende Vorsichtsmassnahmen verhindert werden können.

Evidenz-basierte Massnahmen zur Demenzprävention

  • Regelmässige körperliche Aktivität
  • Eine gesunde Ernährung
  • Das Management von Diabetes

Neuste Studienresultate betreffend Demenz und Hörbeeinträchtigung
Grosse Studien in Deutschland zeigen, dass die Hörbeeinträchtigung ein grosses Risiko für eine Demenzerkrankung ist, interessanterweise die Sehbeeinträchtigung nicht.

Eine Studie aus Leipzig: Do self-reported hearing and visual impairments predict longitudinal dementia in older adults? Journal of the American Geriatrics Society, hat über 3000 Patienten untersucht. Die selbst gemeldete HI (Hörbehinderung)  schien ein wichtiger Risikofaktor für Demenz zu sein, unabhängig von soziodemografischen und anderen gesundheitsbezogenen Faktoren. Diese Erkenntnis entspricht den Ergebnissen früherer Längsschnittstudien unter Verwendung objektiver Messungen von HI. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine prädiktive Wirkung von HI auf die kognitive Funktion bei der Anpassung an VI (Sehbehinderung) Unsere Studie erweitert diese früheren Ergebnisse, indem sie sich speziell auf Demenzerkrankungen konzentriert, einschliesslich insbesondere Personen, die 85 Jahre alt sind. Die Erkrankung trat 5 Jahre nach Studienbeginn auf. 30% der Teilnehmenden, berichteten am Anfang der Studie über eine Hörbehinderung. Ein Viertel der Teilnehmenden, entwickelten eine Demenz. Die Studie zeigte, dass die Schwerhörigkeit ein signifikanter, unabhängiger Risikofaktor für eine Demenz ist. Das Erkrankungsrisiko bzgl. Demenz, war bei besehender Schwerhörigkeit um 16% erhöht.

Die Forscherinnen und Forscher der University of Melbourne haben in ihrer Studie „ENHANCE“ herausgefunden, dass die kognitiven Fähigkeiten in der Gruppe mit Hörgeräten über drei Jahre stabil geblieben sind, wohingegen die Gruppe ohne Hörgeräte ihre kognitiven Funktionen verringerten.

Eine gute Nachricht kommt nun aus aktuellen Studien, die jeweils eine Gruppe Schwerhöriger MIT Hörversorgung mit einer Gruppe Schwerhöriger OHNE Hörversorgung über einen Zeitraum von 3 Jahre beobachtet haben. In der Studie „ACHIEVE“ der John-Hopkins-University (USA) hat sich gezeigt, dass das Tragen von Hörgeräten den Verlust des Denk- und Gedächtnisvermögens bei älteren Patienten mit frühzeitiger Behandlung von Schwerhörigkeit, einen nachhaltig positiven Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit und dadurch auf Lebensqualität älterer Menschen haben. Erwachsene, die bereits ein erhöhtes Demenzrisiko aufweisen haben die Entwicklung über einen Zeitraum von drei Jahren um 48% verlangsamt.

Kognitiv kommt vom Lateinischen cognoscere, und heisst erkennen, erfahren, und meint geistige Aktivität im weitesten Sinn.

Diese sind:

  • Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
  • Erinnerung und Lernen
  • Kreativität, Phantasie und Vorstellungskraft
  • Das Denken (planen, orientieren, argumentieren, lösen von Problemen}
  • Selbstbeobachtung

Was verursacht die Schwerhörigkeit an den Hirnstrukturen?
Es wird vermutet, dass der Hörverlust zu strukturellen Veränderungen am Gehirn führt. Ursächlich ist, dass eine stärkere Konzentration auf das Hören notwendig ist, und dadurch andere Hirnfunktionen vernachlässigt werden.

Wo sind die strukturellen Veränderungen im Gehirn lokalisiert, die bei nicht korrigierter Schwerhörigkeit auftreten?

Abb.2 Hippocampus gelb eingezeichnet

Diese Veränderungen treten im Hippocampus auf. (sh. oben, gelb eingezeichnete Struktur) Es scheint, dass die schwächer werdenden Signale, die Funktion der Nervenzellen des Hippocampus stören, dadurch gehen Gedächtnisinhalte verloren. Hippocampus ist der lateinische Uebersetzung für Hippokampus. Das ist griechisch und kommt von hippos Pferd und kampos Seemonster. Es beschreibt die anatomische Struktur, die an ein Seepferdchen erinnert.

Abb.3 rechts Hippocampus, vrgl. mit der Ähnlichkeit des Seepferdchens

Dieser Hipppocampus hat vor allem die Funktion, neue Gedächnisinhalte zu speichern, sowie Inhalte vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächnisses zu übertragen, und die räumliche Orientierung des Organismus zu steuern. Daraus folgt, dass frühe Symptome Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit sind.

Schlussfolgerung
Hörgerätenutzer zeigten eine signifikant bessere kognitive Leistung bis zu 3 Jahren nach der Hörgeräteversorgung, was darauf hindeutet, dass Hörinterventionen den kognitiven Verfall/Demenz bei älteren Erwachsenen verzögern können. Weitere Studien mit geeigneten Massnahmen zur Kognition, Hör- und Gerätenutzung bei längerer Nachuntersuchung sind erforderlich.

Zeichen einer beginnenden Schwerhörigkeit
– Drehen Sie die TV- oder Radio-Lautstärke auf, um besser verstehen zu können?
– Ist das Verstehen beim Telefonieren in letzter Zeit anstrengender für Sie geworden?
– Haben Sie das Gefühl, Ihr Gegenüber spricht oft undeutlich und leise?
– Bitten Sie Ihren Gesprächspartner vermehrt, das Gesagte zu wiederholen?
– Empfinden Sie bestimmte Töne als besonders laut und unangenehm?
– Haben Sie Schwierigkeiten, die Quelle/Richtung eines Geräusches zu bestimmen?
– Ziehen Sie sich in letzter Zeit oftmals aus dem sozialen Leben zurück und unternehmen weniger mit anderen?

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